Die Glocke
Nichts, aber auch nichts habe ich in meiner Jugendzeit
sehnlicher herbeigewünscht als die
" Großen Ferien", die immer den
gesamten Juli und August umfassten.
Die Schulzeit war endlich vorbei und es gab nichts anderes "wichtiges" als das Angeln.
Natürlich versuchte man dann immer mit den " Angelprofis" mitfahren zu können. Natürlich ging es mir nicht anders.
So kam es, dass ich mit "Klaus" und anderen "Profis" mit zum Nachtangeln durfte.
Unsere Zielfischart waren natürlich die Aale. Alles wurde lange vorbereitet. Die Ausrüstung stimmte (abgeschnittene Weidenruten) und auf alle auftretende "Eventualitäten" war man eingestellt.
So fehlte es nicht an Behältnissen für den großen Fang, an Proviant und Getränken, an warmer Kleidung für die Nacht und den Zelten. Insgesamt waren wir zu " fünft" und es ging an die Stepenitz nahe der Ortschaft Weisen. Es ging mit Mopeds und Fahrrädern zum Ziel. Eine schöne Koppel, die nicht belegt war und einen Abschnitt von ca. 400 Metern vor einem Wehr der Stepenitz ( Fluss) gelegen.
Kurzum alles stimmte. Noch bei Tageslicht wurden die Weidenruten geschnitten, die uns diese Nacht in so bleibender Erinnerung behalten sollten.
Zu den technischen Details:
Jeder Angler hatte 2 Weidenruten von ca. 1,20 Meter Länge ( davon 40 cm in den Boden gesteckt). Daran befestigt ca. 12 Meter 40er" Leska" Angelschnur mit 80 Gramm Sargblei und einen Aalhaken der Größe " Pilker". Jeder hatte ( ausgelost) seinen Bereich von links außen ( ca. 100 Meter vom "Lager" entfernt ) bis zum rechts außen usw. Nachdem alle Angeln ausgebracht waren begann logischerweise der gemütliche Teil des Abends. Auf diesen möchte ich nicht näher eingehen. Aber soviel sei verraten. " Pfefferminzlikör" spielte schon eine gewisse Rolle.
Wie immer in solchen Fällen waren die Fische sehr zurückhaltend und so blieb viel Zeit "Anglerlatein" zu spinnen. Natürlich aus dem umfassenden "Erfahrungsschatz" aller Anwesenden. Und es wurde Nacht. Dunkelheit vom feinsten.
Da fast nichts biss, war
Einfallsreichtum gefragt. Schließlich musste ja die Laune gerettet werden.
Da kam mir folgende Idee. In meinem Besitz befand sich eine gusseiserne
Glocke, die geradeso in eine "Stullenbüchse" reinpasste. Heute würde man
sagen Größe XXXL und mindestens 400 Gramm schwer war sie mit Sicherheit.
Klaus hatte die " Außenbahn" und Sportlichkeit war ihm schon zur damaligen
Zeit ein graul und Fremdwort.
Also lag nichts näher als die Idee zu
verwirklichen die " Ersatzschnur" zweckentfremdet einzusetzen. Ein
Vorwand, Klaus seine Angeln zu erreichen um die wesentlich besser hörbare
Glocke an eine seiner Weidenruten anzubringen war schnell gefunden. Denn
den klugen Argumenten der übrigen vier " Profis" konnte er sich
schließlich nicht erwehren.
Gesagt, getan und natürlich eine Rolle 100
Meter Schnur zusätzlich dabei und an der Weidenrute angebracht wurde zum
unvergesslichen Highlight des Abends.
Wirklich unvergesslich
bleiben in meinem Leben die "Sprints", die Klaus hinlegte um die
erwarteten Aale aus der Stepenitz zu ziehen. Der Klang der ominösen Glocke
war locker über eine Distanz von 800 Meter zweifelsfrei zu identifizieren.
Glauben Sie mir, dieser eindringliche Ton würde noch heute jeden
Angler zu einem nie erwarteten Sprint animieren. Während nach dem Ertönen
der Glocke ein Sprint der Superlative einsetzte, wurde natürlich am
Nachtlager ständig ausgewertet.
Nichts viel mir in meinem bisherigen
Leben schwerer, als die Kontrolle über meine Lachmuskeln zu behalten als
in diesen Situationen.
Alle vier bissen in die Decken um nicht
aufzufallen. Wir schickten Klaus natürlich mehrfach auf die Sprintstrecke
und geizten nicht mit Gewichtsangaben der Aale, die bei dieser Lautstärke
der Glocke am Haken sein müssten!! So ungefähr beim 8 mal verfing er sich
mit dem Fuß in der Schnur, die zur Auslösung der Glocke führte und
erkannte den Schwindel.
Die Details seiner sicherlich zutreffenden
Bemerkungen möchte ich Ihnen ersparen. Aber eines können Sie mir glauben,
diese Angelnacht vergesse ich mein ganzes Leben nicht.
P.S.
8 x Aale, davon zwei von über 2 Pfund waren trotzdem noch das Ergebnis dieser
unvergesslichen Angelnacht.